Workshop vom Netzwerk Fokus Tierwohl
Die Geburt: Ist hier weniger oft mehr?
von den Studierenden Johannes Nickl und Fabio Wagner

Die Geburt einer Kuh ist ein faszinierendes und oft herausforderndes Ereignis für die Kuh und für den Landwirt.

Die Abkalbung stellt nicht nur für das Tier selbst, sondern auch für die betreuenden Menschen eine große Verantwortung dar. Um dieses Thema noch besser kennen zu lernen, besuchten Tierärztin Dr. Kristina Lipp-Radisic und Ronja Brunner vom Netzwerk Fokus Tierwohl die Studierenden der Höheren Landbauschule für den Workshop „Abkalbung und Geburtshilfe“ im Februar 2025. Zusätzlich hatten sie ihre Kuh Martina dabei. Diese Kuh ist besonders, denn sie ist aus Plastik und mit ihr kann man die Abkalbung mehrmals üben.

Schritte bis zur Geburt, Vorausschauen ist die halbe Miete

Die Voraussetzung für eine reibungslose Geburt beginnt schon mit der Belegung. Hier sollte man besonders bei den Kalbinnen auf einen leichtkalbigen Bullen achten, der einen Kalbeverlauf von über 110 besitzt. Ebenso ist das Erstkalbealter wichtig. Die Tiere sollten bei der Belegung zwischen 15 und 20 Monate alt sein.

Wenn dann die Geburt bevorsteht, ist es wichtig die Kuh zu überwachen. Zur Unterstützung gibt es hierzu moderne Technik, wie z.B. Sensoren, die erkennen, wann eine Kuh zu Kalben beginnt. Ebenso wollen die Kühe beim Kalben genug Komfort haben. Am besten wäre hier eine Abkalbebox mit frischer Stroheinstreu, in der sich die Kühe frei bewegen können. Denn ohne Stress für die Kuh laufen die Geburten ruhiger für Kuh, Kalb und Landwirt ab.

Die Geburt - was ist zutun?

Zeitlicher Ablauf

Die Geburt beginnt mit der Öffnungsphase. Diese dauert zwischen 4 - 8 Stunden und die Kuh beginnt mit leichten Wehen. Sechs Stunden nach Blasensprung sollte das Kalb draußen sein. Danach kommt die Aufweitung, hier vergehen zwischen 0,5 - 4 Stunden. Bei dieser Phase sieht man schon Füße oder das Flotzmaul des Kalbes. Wichtig ist die Kuh in Ruhe zu lassen, wenn das Kalb richtig liegt, und alle 20 - 30 Minuten nach dem Geburtsfortschritt zu schauen. Im Anschluss kommt die Austreibungsphase, diese dauert 3 - 10 Minuten. Dort passiert die eigentliche Geburt des Kalbes. Die letzte Phase (Nachgeburtsphase) geht bis zu 12 Stunden. Dort geht die Nachgeburt der Kuh ab.

Geduld - Eingreifen nur, wenn notwendig
Normalerweise kalben die meisten Kühe von selbst und es sollte nur bei echtem Bedarf eingegriffen werden – Geduld ist hier meist der beste Geburtshelfer. Falls es aber zu Komplikationen kommt, muss der Mensch helfend eingreifen. Geburtsstörungen sind z. B. Gebärmutterverdrehung, Wehenschwäche, mangelnde Öffnung des Gebärmuttermundes, totes Kalb, Rückenlagen vom Kalb oder rückwärtsliegendes Kalb. Unter Anleitung von Dr. Kristina Lipp-Radisic konnten die Studierenden anhand der Kuh Martina verschiedene Positionen des Kalbes ertasten und dieses schließlich auf die Welt bringen.
Hygiene!

Bei der Geburtshilfe gilt immer die Hygiene zu beachten, damit keine Keime in den Geburtskanal kommen. Auch muss man bei Verwendung von mechanischen Geburtshelfern vorsichtig im Umgang sein, denn dieser kann Kuh und Kalb mit seiner Zugleistung von bis zu 200 kg stark verletzen. Bei Unsicherheit sollte man lieber den Tierarzt zur Hilfe holen.

Nach der Geburt bei Kalb und Kuh

Nach der Geburt sollte das Kalb schnell im Warmen trocknen können. Der Nabel sollte mit Blauspray eingesprüht werden, damit keine Keime in den Nabel hineinkommen. Sehr wichtig für das Kalb ist die frühestmögliche Biestmilchversorgung. In den ersten 4 Stunden sollten 3,5 bis 4 Liter Biestmilch vertränkt werden. Die Biestmilch ist besonders wichtig, da in dieser Milch wichtige Antikörper für das Kalb enthalten sind. Wichtig bei der Kuh ist es zu überprüfen, ob noch ein Kalb in ihr ist. Genauso muss man die Kuh beurteilen. Kann sie aufstehen? Hat sie kalte Ohren? Hat sie Fieber oder Untertemperatur?

Fazit

Ein Workshop zur Abkalbung und Geburtshilfe bei Kühen bietet eine wertvolle Gelegenheit, praktische Fähigkeiten und theoretisches Wissen zu erwerben, die für die erfolgreiche Betreuung von Kühen und Kälbern unerlässlich sind. Durch die Kombination von Theorie und Praxis wurde den Teilnehmern das nötige Wissen weitergegeben, um das Wohl der Tiere aber auch den wirtschaftlichen Erfolg des Betriebs zu gewährleisten.